Bei uns werden junge MusikerInnen zu Persönlichkeiten

Sympathischer Virtuose am Flügel ist Preisträger des „Stern Villa Musica 2024“

Die Landesstiftung Villa Musica mit ihrer Kammermusik-Akademie für Ausnahmekünstler in Schloss Engers vergibt alljährlich einen Preis, den STERN Villa Musica.  Die Künstlerische Leiterin Prof. Ervis Gega zeichnete für 2024 den Pianisten Knut Hanßen aus Hannover aus, der sich in vielen Kammermusik-Projekten nicht nur als virtuos, sondern auch als ausgezeichneter Teamplayer bewiesen hat. „Bei uns werden junge MusikerInnen zu Persönlichkeiten, manche auch zu Stars“, sagte Ervis Gega, die selbst einmal Stipendiatin der Landesstiftung Villa Musica war und dann als Geigerin erfolgreich wurde. In die Auswahl für den STERN Villa Musica kommen junge angehende Profis der Villa Musica-Riege am Ende ihrer dreijährigen Stipendiatenzeit. Die künstlerische Leitung und die Dozenten von Kurs und Konzert schauen darauf, wer nicht nur sein Instrument perfekt beherrscht, sondern wer in der Lage ist, Ideen einzubringen, sich aber auch ins Ensemble einzufügen, sich auf Tempo, Lautstärke, Stilfragen zu einigen.

Der Pianist Knut Hanßen sei ein typischer Villa Musica Stern, sagte Prof. Gega. Und wörtlich: „Als er im März mit dem großen Cellisten Jens Peter Maintz die Debussy-Sonate spielte, war es ein Dialog auf Augenhöhe. Denn Knut Hanßen will nicht nur Musik machen, er will durch Musik sprechen.“

Der „Stern Villa Musica“ wird gestiftet von Freunde der Villa Musica und ist mit 5000 Euro dotiert. Die Freundeskreis-Vorsitzende Barbara Harnischfeger überreichte zusammen mit Prof. Gega einen Pokal und die Urkunde. Das Preisgeld wurde dieses Jahr gespendet von der Leifheit Stiftung Nassau. Deren Stellvertretender Vorsitzender Peter Josef Mertes ist schon lange Mitglied im Förderverein der Villa Musica und war bei der Preisverleihung mit auf der Bühne. Prof. Ervis Gega sagte: „Mit diesem Preis halten wir, die Stiftung Villa Musica, und Sie, unser Freundeskreis, einmal im Jahr inne und sagen stellvertretend an alle Stipendiatinnen und Stipendiaten: Danke für Euer fantastisches Musizieren!“

Großartiger Klangzauberer

Beim Preisträger-Konzert am 30. November im Dianasaal von Schloss Engers bewies Knut Hanßen seine Sonderklasse als Solist. Er spielte drei nächtlich dunkle, faszinierende Klavierwerke aus Klassik, Romantik und Impressionismus: Mozarts Pariser a- Moll-Sonate von 1778, Schumanns Nachtstücken Opus 23 von 1839 und „Gaspard de la Nuit“ von Ravel, eines der kompliziertesten Klavierwerke, die jemals geschrieben wurden, so Prof. Böhmer im Programmheft. Das Villa Musica-Publikum erlebte dabei einen Musiker, der Mozart „mit Geschmack und Empfindung“ spielte, der mit Ravels Schauermusik am großen Steinway-Flügel des Diana-Saales fingertechnisch spektakuläre Klänge zauberte und dabei völlig gelassen und unprätentiös wirkte.

Großer Daumen ist vorteilhaft

Was bei Konzerten, welche die Villa Musica-Freundeskreisvorsitzende Barbara Harnischfeger präsentiert, immer dazu gehört, ist ein Gespräch mit dem Künstler. Dabei kam der Preisträger dem Publikum nahe und überzeugte menschlich gleichermaßen wie als Pianist. Zum Erstaunen des Publikums erklärte Hanßen, dass man bei dem Ravel-Stück manchmal zwei Tasten gleichzeitig anschlagen müsse, deshalb sei es gut, dass er einen großen Daumen habe. Ravel selbst habe mit seinem Daumen sogar drei Tasten fassen können. Es gebe bei youtube übrigens eine Aufnahme mit dem Komponisten zu sehen und zu hören. Ravels „Gaspar de la Nuit „- Schatzmeister der Nacht– ist so komplex,dass zwei Notensysteme dafür nicht ausreichen. Es sei aber keine Effekt-heischende Zirkusnummer, habe nicht nur mit Geschwindigkeit zu tun. Es gehe um klangliche Effekte zur Ausdeutung von Geschichten. Die flirrenden Figuren bei „Undine“ etwa seien unfassbar schwer zu spielen. Aber man solle gar nicht merken, wie schwer das ist. Um den Daumen ging es auch nach dem Konzert noch beim Abendessen.

„Villa Musica hat einen exzellenten Ruf“

Der als Villa Musica STERN ausgewählte Pianist Knut Hanßen ist schon mit vielen Wettbewerbspreisen ausgezeichnet worden und er lehrt bereits an der Musikhochschule Hannover andere junge Pianisten. Warum bewarb er sich, als er schon 29 Jahre alt war und sein Bachelor- und Masterstudium hinter sich hatte, überhaupt noch als Stipendiat bei der Villa Musica, fragte ihn Barbara Harnischfeger. Die Antwort: „Weil die Villa Musica einen exzellenten Ruf hat und weil man hier die Chance bekommt, Kammermusik auf höchstem Niveau zu machen, mit hochkarätigen Leuten zusammen. Das gibt es an der Hochschule so nicht. Davon konnte ich im Studium nur träumen.“

Ein Stipendiat, der schon Hochschullehrer ist

Barbara Harnischfeger nutzte das Gespräch mit Knut Hanßen auch, um zu erfahren, was es braucht, um ein guter Hochschullehrer zu werden. Hanßen sagt, ganz klar müsse man gut spielen können, um etwas vorzumachen. Für die pädagogisch-didaktischen Aspekte habe er bei Profis zugehört und sein eigener Lehrer sei ihm Vorbild. Was wird StudentInnen des Fachs Klavier an der Hochschule vermittelt – Handwerk, Theorie? Knut Hanßen sagt:  jeder/jede bekomme im Eins zu Eins-Unterricht - das was er/sie speziell braucht. Manche profitierten, wenn sie körperlich analytische Unterstützung bekommen. Körperwahrnehmung sei wichtig, um keine Spannungen aufzubauen oder vorhandene abzubauen. Es gebe aber auch motorische Grundbegabungen unter den Studierenden. Die brauchten vielleicht Impulse zur Klangvorstellung, indem man über den Hintergrund einer Komposition spricht.

Was ist eine gute Interpretation?

Ein Thema im Studium sei auch Stilistik. Nicht einfach drauf los spielen, sondern sich durch Sekundärliteratur über den Komponisten und das Werk informieren: „Wie komme ich durch Artikulation, Dynamik, Verzierungen dahin, dass ich die Verantwortung für meine Art der Interpretation übernehmen kann.“ Aber bei allen Versuchen, dem vermeintlichen Willen des Komponisten gerecht zu werden, gelte für ihn das, was ihm s e i n Lehrer einmal gesagt habe: Es ist egal, was Sie tun, Hauptsache, es ist gut. Und wenn es schlecht ist, ist es falsch, auch wenn es richtig ist.  Es zielt darauf ab, dass inspirierendes Musizieren nicht allein daraus resultiert alles „richtig“ machen zu wollen, was in den Noten steht - das ist sicher eine gewissenhafte Grundlage, aber Musik-Machen geht darüber hinaus“. 

Danke, Knut Hanßen, STERN der Villa Musica 2024, für diese Einblicke und fürs Musik erlebbar machen im Konzert.