Martin Stadtfeld in Bingen 2005

Begeistert und ergriffen


Eine Stunde Johann Sebastian Bach pur am Stück: die Goldberg Variationen.

Die Zuhörer sind gebannt vor Staunen über die spieltechnische Virtuosität  und am Ende noch mehr über die künstlerische Reife dieses jungen Musikers aus dem Westerwald, der in Frankfurt studiert hat und derzeit in Boppard am Rhein zu Hause ist.

Martin Stadtfeld

Da sitzt ein 24jähriger hübscher Junge mit langen Armen und Beinen entspannt am Flügel, den Rücken an der Stuhllehne, und spielt, als wäre höchste Fingerakrobatik überhaupt keine Anstrengung; ist es auch nicht, sondern ein Wohlgefühl, sagt Martin Stadtfeld später. Keine Bewegung des Körpers, nur aus den Unterarmen heraus laufen die Finger wie von selbst. Dabei versinkt das schöne Gesicht immer mehr wie in eine innere Trance. Die Augen halb geschlossen, der Mund etwas geöffnet. Der Atem fließt ruhig. Der Künstler ist ganz bei sich und der Komposition die er durchmisst.  Welch eine Konzentration, welch eine Gelassenheit. Als die Musik expressiver und dunkler wird, beginnt es im Inneren des Menschen Martin Stadtfeld zu wühlen, das bekommt man mit an der Anspannung der Muskeln im Gesicht. Aber keine Entgleisung der Gesichtszüge. Alle Emotion geht nach Innen -  und teilt sich dem Publikum doch auf geheimnisvolle Weise mit. Da übertragen sich Kraftströme.

"Ich wollte es unbedingt im Konzert erleben, wie das geht, was ich auf CD nur gehört habe, sagt Freundeskreis-Mitglied Liselotte Klappa. Das war noch packender und ergreifender als auf der CD. Wir haben eine Sternstunde erlebt, ist das allgemeine Bewusstsein.

Mit der Herausgabe der Goldberg Variationen durch SONY auf CD  wurde Stadtfeld im März 2004 im Senkrechtstart zum Star in der Klassik-Branche. Diesen Sommer ist er gefragter Solist bei allen namhaften deutschen Musikfestivals. Außerdem spielt er in großen Sälen wie der Alten Oper Frankfurt und der Berliner Philharmonie.  Dort sehen ihn die Menschen nur von Ferne. In der Villa Sachsen in Bingen erlebten ihn 120 Freunde der Villa Musica, die zum Jahrestreffen gekommen waren, in intimer Atmosphäre hautnah. Martin Stadtfeld ist selbst Mitglied des Förderkreises für die Kammermusik geworden. Die FREUNDE hatten den ehemaligen Stipendiaten der Villa Musica schon entdeckt als er 19 war, ihn finanziell unterstützt und seinen Weg ideell begleitet. Jetzt stellten sie fest: Martin Stadtfeld ist trotz seines frischen Ruhms noch so angenehm und sympathisch wie zuvor.

Martin Stadtfeld

Erwachsen, selbstbewusst und wenn er nicht antworten will vermeintlich schüchtern gewann er mit Charme die Herzen auch nach dem Konzert, bei einem Gespräch mit der Freundeskreisvorsitzenden Barbara Harnischfeger und anderen Fragestellern. Seine zweite Talk-Show sei das erst - nach dem Auftritt beim NDR-Fernsehen.

"Ich übe gar nicht so viel", sagte er zum Erstaunen seiner Bewunderer. Aber die Musik sei immer in seinem Kopf. Auch ohne die Tasten des Klaviers könne er ein Werk durcharbeiten und ins Unterbewusstsein übernehmen. Was Tennis-Ass Borris Becker beschrieb, die Notwendigkeit, mental gut drauf zu sein - dieses Mentale funktioniert auch bei Martin Stadtfeld. Er hat Nervenstärke und die geistige Kraft, die für beständige Höchstleistungen unabdingbar ist. (Ha)

Martin Stadtfeld