Villa Musica STERN 2021 für Shira Majoni, Viola
Preisträgerkonzert aus Bingen gestreamt und dokumentiert

Streaming, so lautet das Zauberwort für Musikliebhaber in der Corona-Zeit. Und so wurde auch das Preisträger-Konzert Villa Musica STERN 2021 mit der Bratschistin Shira Majoni aus Israel ohne Publikum aufgezeichnet und im Internet veröffentlicht. Eigentlich sollte das Konzert in der Villa Sachsen in Bingen am 27. Februar stattfinden. Nach mehrmaligem Verschieben des Termins wurde es dann am 30. April wie eine Fernsehsendung produziert und am 6. Mai online gestellt. Auf youtube ist es jederzeit zu sehen, unter KULTURSTROM MIT SHIRA MAJONI @VILLA SACHSEN.

Bingen wird initiativ

Ermöglicht hat das Streaming die Stadt Bingen, der hier besonders gedankt sei. Sie hatte die notwendige Ausrüstung für Video-Aufnahmen angeschafft. Die Mitarbeiter, die sonst in  Veranstaltungsmanagement und -technik tätig sind, haben sich während des Lockdown fortgebildet in Kameraführung und -regie. Barbara Harnischfeger, ehemalige Fernsehjournalistin beim SWR, hat die Veranstaltung wie live moderiert – in ihrer Funktion als Vorsitzende von FREUNDE der Villa Musica e.V. Der Verein zahlt aus Spenden einzelner Mitglieder das Preisgeld von 3000 Euro. Die Preisträgerin ausgesucht hat natürlich der Fachmann, Prof. Alexander Hülshoff, Künstlerischer Direktor der Landesstiftung Villa Musica Rheinland-Pfalz.

Eine „feine Kammermusikerin“

In seiner Laudatio sagte Prof. Hülshoff: „Shira Majoni, in Florenz aufgewachsen und zunächst in Israel ausgebildet, ist eine Musikerin, die unsere Förderung während drei Jahren schon komplett durchlaufen hat und dabei zur Persönlichkeit gereift ist. Ich hatte die Freude, selbst mehrfach mit ihr zu spielen. Ich schätze sie als feine Kammermusikerin, als Bratschistin mit großem, schönem Ton und als eine überaus kollegiale, integrative Persönlichkeit mit großer Ausstrahlung. Sie hat den Villa Musica-Stern 2021 voll verdient und schmückt das Jahresprogramm 20/21.“

Mit „großem, schönem Ton“

Wie bewegend, mit welch schönem, satten Ton die zierliche Shira Majoni ausdrucksstark spielt, davon kann sich durch die Aufzeichnung des Konzertes jedermann überzeugen. Die Werk-Erläuterungen von Karl Böhmer finden Sie am Ende dieses Artikels.

Begleitet wurde Shira Majoni von dem gefragten Kammermusiker Paul Rivinius. Ihn hat sie in München kennengelernt. Dort hatte sie einen Zeitvertrag bei den Münchner Philharmonikern und seitdem lebt die israelische Musikerin in München.

Rolle der Bratsche ist nicht unbedeutend

Als Einstieg fürs Interview, das sich der Konzertaufzeichnung in der wunderschönen Villa Sachsen anschloss, fragte Barbara Harnischfeger Shira Majoni, ob sie einen Bratscherwitz kennt. Sie verneinte das mit einem Schmunzeln und sagte, diese Vorurteile, dass Bratscher fürs Geige spielen zu langsam und zu faul seien, lasse sie gar nicht an sich herankommen. Als Kind hat sie, wie eigentlich alle Bratschisten, mit der Geige angefangen. Da war sie 5 Jahre alt. Als sie 15 war, hat ihre Lehrerin für ein Schulensemble eine Bratscherin gebraucht, Shira stieg ein und sie ist bei diesem größeren Instrument, bei dem man etwas mehr Kraft-Einsatz beim Drücken der Saiten zum Erzeugen des Tons brauche als bei der Geige, geblieben. Die Bratsche sei im Ensemble wichtiger als Manche denken, sagt Shira. Die Viola habe schließlich auch Melodie zu spielen und vor allem: sie unterstütze und sie basiere den Klang.

Studium in Israel-Boston-Berlin

Prägender Bratschen-Lehrer war für Shira Majoni Kim Kashkashian. Seinetwegen ist sie fürs Master-Studium nach Boston gegangen, ans New England Conservatory. Zuvor hatte sie ihren Bachelor gemacht bei Chaim Taub, dem ehemaligen Konzertmeister des Israel Philharmonic Orchestra, an der Buchman-Metha School in Tel Aviv. Und warum kam sie schließlich nach Deutschland? Um in Berlin an der Barenboim-Said Akademie ein Diplom zu erreichen. An dieser Akademie reizte sie die Möglichkeit, im Studium Musik, Geschichte und Philosophie zu kombinieren.

In Israel war die inzwischen 31jährige übrigens auch beim Militär. Sie musste die Grundausbildung mitmachen, konnte ansonsten aber im Army String Quartet spielen und hatte viele Freiheiten Konzerte zu geben, erzählt sie.

Bingen – Tel Aviv – Engers und Koblenz

Nach dem Konzert in Bingen fliegt Shira Majoni gleich von Frankfurt aus nach Tel Aviv, um sich ihre Covid 19-Impfungen zu holen. Sie kann aber nicht zu ihrer Mutter, sondern geht 14 Tage in Quarantäne, alleine in einem Appartement. Zum Zeitpunkt als dieser Artikel entsteht – am 13. Mai – muss sie im Bunker übernachten.
Israel ist unter Raketenbeschuss der Hamas. Wir erwarten Shira zurück in Deutschland am 30. Mai. Denn dann beginnt die Konzertvorbereitung mit dem Dozenten Boris Garlitzky für das Villa Musica-Eröffnungskonzert von BURGENKLASSIK am 3. Juni in Koblenz auf der Festung Ehrenbreitstein.

Villa Musica ermöglicht, sich zu vertiefen

Die „Freunde der Villa Musica“ haben Shira Majoni übrigens erstmals intensiv erlebt bei der Konzertreise eines Villa Musica-Stipendiatenensembles nach Lviv, früher österreichisches Lemberg, heute Ukraine. Das war im Herbst 2018 (Foto). Da war sie schon 28 Jahre alt, als ihre Stipendiatenzeit bei der Villa Musica begann. Hört eine Musikerin nie auf zu studieren? Na, sie gebe ja schon während der gesamten Studienzeit Konzerte, sagt sie. Aber ja, sie wolle sich stets vervollkommnen und dazu trage ganz wesentlich die Villa Musica bei. Kammermusik beinhalte alles was ein Musiker braucht: Kommunikation, Interpretation, sich Verständigen mit Menschen vielerlei Herkunft. Im Kammermusikensemble lerne man flexibel zu sein, lerne man sich anzupassen und doch seine eigene Stimme zur Geltung zu bringen.
Und, das Einzigartige bei Villa Musica sei zudem, dass man eine ganze Woche hat, um ein Programm einzustudieren. Vom Morgen bis zum Abend gelte es an nichts Anderes zu denken als an die Musik. „Man hat ein Bett, man bekommt zu essen im Restaurant, für alles ist gesorgt. Man kann ganz tief einsteigen in die Musik.“ Das sei ein großer Luxus.

Mit einer Geldzahlung ist das Stipendium bei Villa Musica allerdings nicht verbunden. Hoffentlich muss sie ihr Preisgeld jetzt nicht verwenden, um den Lebensunterhalt zu finanzieren, sondern kann es für eine CD-Produktion aufheben. Aber die Zahl der Konzertengagements gegen Honorar, die wegen der Corona-Beschränkungen ausgefallen sind, kann sie gar nicht beziffern.

Eine feste Orchesterstelle ist Shiras Traum. Mit der Bratsche als Solist erfolgreich werden, das sei möglich, wie man an dem ehemaligen Villa Musica-Stipendiaten Nils Mönkemeyer sieht. Aber für sie sei das nichts. Sie brauche die Gemeinschaft der Musizierenden.

Als Kammermusikerin erleben wollen wir die Bratschistin mit den zwei Staatsbürgerschaften – ihr Vater ist Italiener, Kontrabassist, die Mutter Israelin, eine Komponistin - noch in diesem Jahr beim Mainzer Musiksommer, am 22. August. Da wird ihr der Villa Musica STERN symbolisch zum zweiten Mal verliehen. Dann vor Publikum.

Und hier noch einmal der link zum Video vom Preisträgerkonzert in Bingen:

KULTURSTROM MIT SHIRA MAJONI @VILLA SACHSEN.

Man muss sich dafür bei youtube NICHT anmelden – nur dann wenn man einen Kommentar abgeben möchte. Die Anmeldung wäre kostenfrei.