Das Wandern ist der FREUNDE Lust

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Begegnung mit dem Tenor Markus Schäfer

Von Konzert zu Konzert wanderten die FREUNDE der Villa Musica auch 2010 wieder beim Festival RheinVokal. "Die Schöne Müllerin“, der Liederzyklus von Franz Schubert, gesungen von dem international renommierten Mozart-Tenor und Bach-Evangelisten Markus Schäfer war das letzte von drei Festivalabenden, welche die FREUNDE der Villa Musica  2010 gemeinsam besuchten. Im historischen Marmorsaal des Kurhauses Bad Ems löste die Freundeskreis-Vorsitzende Barbara Harnischfeger wieder einmal ein, was den FREUNDEN versprochen ist: Begegnung mit Künstlern über das Anhören ihrer musikalischen Darbietung hinaus.

In Bad Ems erlebten zirka 400 Zuhörer von RheinVokal eine Art Erstaufführung; Schuberts Lieder, gesungen mit improvisatorischen Elementen, mit Verzierungen. „Von innen heraus sollen diese Verzierungen kommen, wie selbstverständlich spontan“, sagt Markus Schäfer. So müsse es zu Schuberts Zeit geklungen haben, wenn der im Freundeskreis mit dem  Sänger Johann Michael Vogl, musizierte.

Er – Schäfer – singe die Müllerin zum ersten Mal in dieser Art, wie sie durch Noten-Bearbeitungen aus der Zeit Schuberts überliefert sei.  Die Bearbeitungen seien damals populärer gewesen als der Original-Notentext. „Man spielte das Populäre, teils mit starken Vereinfachungen. Tobias Koch und ich, wir haben uns das nur als Inspiration angeeignet, aber kein Lied etwa eine Terz tiefer genommen. Unvorstellbar heute, die „Ungeduld“ eine Terz tiefer. Ich habe natürlich alles original hoch gesungen“, kokettiert Markus Schäfer im Gespräch.  Zu solch einer Interpretation im Stil der Entstehungszeit gehört dann auch kein moderner Konzertflügel, sondern ein Hammer-Flügel aus der Anfangszeit des Pianoforte.

Nach dem Konzert, während der nussbraune Flügel abgebaut wird, - er kommt schon  am nächsten Tag in Amsterdam zum Einsatz - erzählt der Liedpianist Tobias Koch, Professor an der Musikhochschule Düsseldorf, es handele sich um ein Instrument aus der Zeit um 1830. Der Unterschied zum heutigen Konzert-Flügel: die Hämmer sind mit Leder bezogen, es gibt keinen Stahl- sondern nur einen Holzrahmen, die Saiten sind weniger stark gespannt, die Dämpfer nehmen den Klang nicht sofort weg. Der Klang des Hammerklaviers ist obertöniger, leiser, weniger voluminös, aber gesanglicher, sagt Tobias Koch. Und diese Eigenschaften des Instrumentes passen zu der leichtgängigen Interpretation der Müller-Lieder durch den Tenor Markus Schäfer. Ganz natürlich emotional wie bei einer Schubertiade im Freundeskreis wirkt die Darbietung. Dabei singt Markus Schäfer technisch hoch artifiziell und nicht ein einziger Ton im ganzen Zyklus ist gefährdet. Makellos führt Markus Schäfer seine schlanke Stimme und gestaltet er die unterschiedlichen Liedstimmungen. Er kann leiseste Innerlichkeit, kann aber auch den dramatischen Ausbruch; und dabei immer höchste Textverständlichkeit und Schönheit des Tons.

Dieser Liederabend war ein inneres Fest. Das Publikum hat es gespürt. Das war ein ganz besonderer Abend. In so stiller Gespanntheit, ohne Rascheln und Räuspern, ist selten ein Publikum zu erleben.

Und nach dem Konzert: ein glücklicher und gelöster Sänger im Interview.

Markus Schäfer ist in Bad Ems aufgewachsen. Sein Vater war Kirchenmusikdirektor, leitete die St. Martins Chorknaben. In diesem Chor sang Markus Schäfer Sopran. Als der Junge in den Stimmbruch kam, gab der Vater ihm bei den „Mutanten“ Zeit, sich stimmlich zu finden. „Ich durfte Bier trinken und brauchte nur zu singen wenn ich wollte“.

Er wollte singen, studierte zunächst Kirchenmusik in Karlsruhe und in Düsseldorf, ging ans Opernstudio nach Zürich und erhielt dort sein erstes Engagement. Dort lernte er auch Nikolaus Harnoncourt kennen: „Ich ihn, aber er mich nicht“, witzelt Markus Schäfer. Aufmerksam geworden sei Harnoncourt auf ihn erst später in Amsterdam. Dort sei er bei der Matthäus-Passion für die Arien eingesprungen. Danach habe ihn Harnoncourt immer wieder geholt – bis heute. Mit ihm hat er die Haydn-Oper „Il mondo della luna“ ausgegraben und auf CD eingespielt.

Bei Mozart sind Ferrando, Ottavio und Tamino die Spezialität von Markus Schäfer. In Berlin, München und Dresden hat er diese Rollen gesungen, nachdem er 1993 sein festes Opern-Engagement in Düsseldorf aufgegeben hatte. Bachs Evangelisten singt er unter den berühmtesten Dirigenten dieses Fachs; Trevor Pinnock, Christopher Hogwood, Helmuth Rilling und anderen. Seit 2008 ist Markus Schäfer Professor für Gesang an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover.

Wie alt der Sänger wohl ist, fragen sich die Freunde der Villa Musica. Er ist Professor, aber er sieht noch so jung aus mit seinem blond gewellten Haar und dem spitzbübischen Lächeln. Ein Weggefährte aus Chorknabentagen, Willi Becker, erfragt es beim Bier, das in lauer Sommernacht am Ufer der Lahn nach dem Konzert getrunken wird, und bringt die Nachricht: 44 ist er.

Seinen Lebensmittelpunkt hat Markus Schäfer in Butzbach in Hessen; mit Frau und drei Kindern; er selbst ist eines von vier Kindern. Seine Frau hat er im Opernstudio in Zürich kennengelernt. Sie hat inzwischen umgeschult und ist Erzieherin in einer Waldorff-Schule, so erzählt Markus Schäfer dann selbst noch als er sich zu den Freunden der Villa Musica hinzu gesellt.

Den Abend in Bad Ems empfindet er als Geschenk. Liederabende seien sonst von Konzertveranstaltern landauf landab wenig geschätzt: „Es verkauft sich miserabel“. Enklaven der Liedkunst sind noch Festivals wie das in Schwetzingen, und die Schubertiade in Schwarzenberg und Feldkirch; dort in Österreich hat Markus Schäfer auch gesungen. Und nun RheinVokal: 2008 in Schloss Engers Brahms-Quartette, 2010 in Bad Ems Schuberts „Schöne Müllerin“. RheinVokal, das Festival von Villa Musica und SWR könne bei den Großen mithalten. Und 400 Besucher im Marmorsaal von Bad Ems bei einem Liederabend, das sei grandios.

Fazit von Barbara Harnischfeger für die FREUNDE der Villa Musica nach einem beglückenden Konzert an einem mit Historie aufgeladenen Ort mit besonderer Aura: „Wir sind ein glückliches Völkchen hier an Rhein, Lahn und Mosel. Wir leben in herrlicher Landschaft, haben schöne Kammern. Die besten Künstler kommen zu uns, was will man mehr.