Theo Plath: einer der Weltbesten auf dem Fagott
Vom Förderpreisträger der Villa Musica zum Star in der Konzert-Reihe KARRIEREN
Villa Musica-Konzert am 16. Juni 2024 in Grafschaft/Kreis Ahrweiler bei dem Veranstalter-Ehepaar Dr. Gisela und Dr. Peter Maerker vor großem Publikum.
110 Zuhörer waren zum Karriere-Konzert gekommen, das die „Freunde der Villa Musica“ präsentieren und finanziell unterstützen, damit die rheinland-pfälzische Exzellenzschmiede zeigen kann, welche Größen aus den Reihen ihrer StipendiatInnen hervorgegangen sind. Diesmal der aus Koblenz stammende Theo Plath.
Fagott-Virtuose und Musikvermittler
Prof. Dr. Karl Böhmer schrieb nach dem Konzert auf der Homepage der Villa Musica:
Wenn Theo Plath auftritt, darf man sich getrost von allen Klischees, das Fagott betreffend, verabschieden. In der Karrieren-Reihe brillierte er am Instrument und auch rhetorisch bei vielen Erklärungen zum Fagott und seinen Besonderheiten. Der Fagottist Theo Plath gehört zu den außergewöhnlichsten Begabungen, die jemals von der Villa Musica gefördert wurden: ein echter Klassik-Senkrechtstarter, der dem Fagott zu einer völlig neuen Dimension des Ausdrucks verholfen hat. Dies konnte man in der Villa Bellestate des Ehepaares Dr. Maerker in Grafschaft-Holzweiler erleben. Der 30jährige spielte mit seinem Klavier-Partner Aris Alexander Blettenberg Werke des französischen Impressionismus, dazu ein für ihn komponiertes zeitgenössisches Werk von Roger Hanschel. Theo Plath bringt sein Instrument so restlos zum Singen, er hat mit seinem Musizieren so viel zu sagen, dass man aus dem Staunen nicht herauskommt. Es gibt kaum eine steilere Klassik-Karriere als die Seine: er ist ARD-Preisträger in München und wurde mit 23 Jahren Stellvertretender Solofagottist bei der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern, mit 25 Jahren Solofagottist des hr-Sinfonieorchesters in Frankfurt. Soloauftritte in zahllosen bedeutenden Konzertsälen, CD-Einspielungen und Preise zieren den Weg des einstigen Studenten von Dag Jensen mit Masterabschluss in München und Villa Musica-Stipendiaten. Heute zählt er zur schmalen Gruppe der weltbesten Fagottisten. So weit Dr. Böhmer.
Die Nerven sind das Wichtigste
Barbara Harnischfeger begrüßte das Publikum im Karriere-Konzert und führte das Künstlergespräch mit Theo Plath. Der nahm auch selbst das Mikrofon in die Hand, erklärte sein Instrument. Es wurde über 350 Jahre entwickelt. Der Vorläufer des heutigen Fagott hatte nur drei Klappen. Jetzt sind es 23.
Ein Fagottist besitze übrigens auch handwerkliche Fähigkeiten, erzählt Theo Plath den Konzertbesuchern. Er müsse sein Blatt – das wie die menschlichen Stimmbänder funktioniere – aus Bambusrohr selbst schnitzen. Frage aus der ersten Reihe: Wie lange hält das? Antwort: so sechs Wochen. Und wie ist das mit der Atemtechnik? Das ist ein großer Teil der Ausbildung. Obwohl: es sei wie beim Sprechen. „Artikulieren, mit den Lippen, mit der Zunge, mit der Luft, das können Sie im Prinzip alle. Es ist nur die Kunst, es auf ein Instrument zu übertragen“. Großer Lacher.
Bei Karriere-Gesprächen bekommen die Konzertbesucher auch einen Blick hinter die Kulissen des Musikbetriebes - so zum Probespiel für eine Orchesterstelle. Da sind neben den spielerischen Herausforderungen die Nerven das Wichtigste. “Es ist furchtbar“, sagt Theo Plath. Die erste Runde wird hinter einem Vorhang gespielt und das ganze Orchester höre zu. „Und 25 andere, die genau so gut sind wie man selbst, wollen die Stelle auch haben“. Darf man sich das Stück aussuchen, kommt eine Frage: Nein, gefordert ist das Mozart Fagottkonzert. Und „das ist so pure Musik, da kann man keine Schwächen und keinen Fehler verstecken“, sagt Theo Plath.
Orchester ist wie Kammermusik in großer Besetzung
Barbara Harnischfeger fragte auch nach dem Benefit des Villa Musica-Stipendiums. Theo Plath: „Es ist ganz großartig, mit Klassikstars zu musizieren! Mit einem großen Vorbild aus der Musikwelt eine Woche lang das Programm zu erarbeiten und die Konzerte zu spielen, das ermöglicht eine ganz andere Art von musikalischem Austausch und von Inspiration.“
In der Kammermusik kommt es darauf an gemeinsam zu atmen und sich unsichtbar zu verständigen. Wie ist das im Orchester? Theo Plath: „Natürlich gibt es beim Orchester den Dirigenten. Trotzdem kann das Zusammenspiel nicht vollständig über ihn laufen, sondern entsteht zu 90 Prozent innerhalb der Instrumentengruppe. Ein Holzbläsersatz im Orchester umfasst zwischen acht und 16 Musikern. Das funktioniert im Prinzip wie ein Kammermusikensemble – auf der musikalischen wie auf der menschlich kommunikativen Ebene. In meiner Idealwelt ist das so, als wenn man zusammen Kammermusik machen würde“. Wie wichtig ist das gemeinsame Atmen? „Überhaupt in der Musik ist es zentral, dass man Atmen in gesamtkörperliche Gesten übersetzt, und das kann man in der Kammermusik lernen. Ich merke bei neuen Kollegen oder bei einer Orchester-Akademie sofort, ob jemand viel Kammermusik gemacht hat oder nicht. Das macht einen Riesenunterschied."
Wie ist Theo Plath eigentlich ans Fagott gekommen und wie zur Villa Musica? Nun, seine Oma hat ihn als Fünfjährigen zu einem Tag der Offenen Tür in die Musikschule Koblenz mitgenommen, dort geriet er an ein Kinderfagott, blies rein, es kam ein Ton raus und für Theo stand fest: das will ich spielen. Als er neun war, brachte ihn sein Lehrer Nikolaus Maler zu dem Villa Musica-Dozenten Klaus Thunemann in die Kammermusikakademie nach Engers zum Unterricht. Später half Theo Plath bei Konzerten aus und wurde schließlich 2015 offiziell Stipendiat der Villa Musica. 2017 erhielt er den von unserem Verein dotierten Förderpreis der Villa Musica.
Für einen Fagottisten ist der Berufsweg als Orchestermusiker vorgezeichnet. Fagott hat nicht den Platz wie Geige oder Cello in der solistischen Welt. Man könnte nicht als Freiberufler voll seinen Lebensunterhalt bestreiten, erläutert der jetzt 30jährige Theo Plath. Deshalb sei das Orchester die Basis. Aber in Frankfurt ist die Stelle des Solofagottisten zweifach besetzt, die Dienste können also aufgeteilt werden und so hat Theo Plath Zeit, auch Solo- und Kammermusik zu spielen – in aller Welt. „Wenn erst mal Kinder da sind, wird das anders“, bemerkt er schmunzelnd. Aber auch die Solostellen in großen Orchesterwerken seien genügend Herausforderung für ein spannendes Musikerleben. In einem Solo-Kammerkonzert, „da gibt es so viele Töne, wenn da mal 5 nicht gelingen ist das ok.“ Im Orchester sei das ganz anders. „Wenn in einer ganzen Sinfonie dann plötzlich ein zehn Sekunden-Solo kommt, dann muss jeder Ton sitzen.“ Zumal in einem Funkorchester, bei dem alles aufgezeichnet und gesendet wird.
Es waren viele Töne, die Theo Plath beim Karriere-Konzert der Villa Musica zu spielen hatte:
eineinhalb Stunden Duo-Programm. Atemtechnischer Hochleistungssport und musikalisch interpretatorische Glanzleistung des Fagottisten. Fürs Publikum war es absolut spannend und faszinierend. Große Bewunderung und lang anhaltender Applaus. Und als Zugabe eine kleine Komposition des ebenfalls hervorragenden Pianisten Aris Alexander Blettenberg.
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ps.
Wie das bei Fagottisten mit der Permanentatmung funktioniert, das steht schon im Artikel unter der Rubrik Freundeskreiskonzerte /Theo Plath Förderpreisträger der Villa Musica 2017