Nicht auf dem Flügel rumschlagen

Der Pianist Fabian Müller im Karriere-Konzert in Trier

Ehemalige Stipendiaten vorstellen, die erfolgreich ihren Weg gehen – dies ist das Konzept der Karriere-Konzerte mit Künstlerinterview bei Villa Musica. Am 3. Februar 2023 präsentierte die Freundeskreisvorsitzende Barbara Harnischfeger den aus Bonn stammenden Pianisten Fabian Müller. Die FREUNDE hatten ihn 2020 unterstützt, als er seine CD „Passionato“ herausbrachte und bewiesen damit wieder einmal gutes Gespür. Die CD beinhaltet natürlich Beethovens „Appassionata“ genannte Sonate Nr. 23. Als die Einspielung im März 2021 veröffentlicht wurde, schrieb Prof. Dr. Karl Böhmer auf der Homepage der Villa Musica: „Nirgends türmt Fabian Müller die Klangwogen zum zertrümmernden Orkan auf. Dazwischen lässt er den zarten Blumen der Seitenthemen so viel Raum zum Aufblühen, dass man ihn mit Fug und recht einen Klangpoeten nennen darf.“ Fabian Müller jetzt im Interview darauf angesprochen sagt: „Ich habe Klavier spielen nicht gelernt, um auf dem Flügel rumzuschlagen, deshalb freut es mich, wenn man mir sagt, dass es klappt, dass ich Musik mache“. Frage: Ist das der Einfluss von Alfred Brendel? Da erzählt Fabian Müller von einem Aufenthalt in dessen Wohnung in London: „Von ihm habe ich gelernt, wie man Phrasen singt am Klavier, wie man Details gestaltet. Brendel hat nie versucht, für jemanden gut zu spielen, sondern er musste das für sich machen und das ist das, was auch ich versuche.“ Brendel sei ein kompromissloser Mensch in seinem Musikgeschmack und unglaublich voller Feuer. „Das war einer der eindrucksvollsten Eindrücke: dieses Feuer und der Anspruch“.

 

Jede Generation hat das Recht, ihren Schubert zu spielen

Nun denke man aber nicht, dass Fabian Müller ein bereits abgeklärter Mensch sei. Nein. Schubert spielt er jugendlich frisch. Und im Zusammenhang mit seiner neusten CD, die er mit „Schubert 31“ betitelt hat – es war die Idee seiner Ehefrau - sagt er: „Ich habe alle Spätwerke von Schubert aufgenommen, weil es mich gestört hat, dass manche sagten: bist Du dafür nicht zu jung? Als ich die CD eingespielt habe war ich 31, genau so alt wie Schubert, als er die Stücke geschrieben hat.“ Und schmunzelnd ergänzt Fabian Müller: „Wenn man mir schon aufgrund meiner musikalischen Fähigkeiten nicht zutraut, das zu spielen, dann wenigstens weil ich so alt bin wie der Komponist als er sie schrieb.“ Im Übrigen sei Schuberts Musik nicht nur traurig.“ Es gebe Passagen, die klingen wie eine Party in der Dorfschänke. Das habe nichts mit einem todessüchtigen Romantiker zu tun.

Das Glück überwiegt die Anstrengung

Der heute 32jährige Fabian Müller ist mit einer Ärztin verheiratet und sie haben 2022 ein Baby bekommen. „Das Mädchen ist jetzt vier Monate alt und war schon in sieben Ländern“. Es sei manchmal unerwartet anstrengend mit dem Baby, aber “wir sind unendlich glücklich“. Bei instagram findet man solch ein Foto.

Fabian Müller ist erfolgreich als Solist. Er sei ständig unterwegs. Seine Frau kümmere sich in ihrer Elternzeit um den Nachwuchs. Die Konzertengagements von Fabian Müller kann man auf anderen Seiten im Internet nachlesen. Hier der link zu seiner Homepage: www.mueller-pianist.com.

Und auf youtube.com kann man ihn spielen, dirigieren und auch Musik erklärend sehen und hören.

Bei Beethoven sein eigener Dirigent

Fabian Müller hat eine eigene Konzertreihe, „Bonner Zwischentöne“ ins Leben gerufen - in seiner Heimatstadt in der Trinitatis-Kirche. (Hier war sein Vater Pfarrer und hier turnte Fabian als Kind herum.) In 2020 geplant, wegen Corona verschoben, brachte er 2021 an zwei Abenden alle Beethoven-Klavierkonzerte zur Aufführung. Das Besondere: er selbst dirigierte das Kölner Kammerorchester vom Flügel aus. Die Konzerte waren restlos ausverkauft.

2022 dann spielte Fabian Müller Beethovens Klavierkonzerte 1 und 5 dirigierend vom Flügel aus bei den „Meisterkonzerten“ im Kurhaus Wiesbaden. Das Publikum klatschte enthusiastisch, gab stehende Ovationen und der Wiesbadener Kurier attestierte Fabian Müller einen brillanten, rauschhaften, mutigen, beherzten und drängenden Zugriff. Die Wiedereinladung folgte sofort. Am 25. März 2023 nun kann man Fabian Müller mit Beethovens Klavierkonzerten 2, 3 und 4, auch wieder in Wiesbaden, erleben. Ihm zuzuschauen ist faszinierend. Zuzuhören sowieso.

Was gefällt Fabian Müller am Dirigieren vom Flügel aus? Im Interview beim Villa Musica-Karriere-Konzert plaudert er aus dem Nähkästchen: „Bei langen Läufen, die das Klavier alleine hat und auf die letzte Note setzt das Orchester ein: Dirigenten hassen diese Stelle und gucken mich gestresst an und warten, wissen nicht wann der Lauf aufhört. Wenn ich selbst dirigiere, nehme ich die andere Hand und geb‘ ein kurzes Widibums  - es war noch nie ein Problem. Mit einem Dirigenten war es noch nie zusammen.“ Ach, es sei aber mit Dirigent ganz amüsant: „Kommt er zu früh, kommt er zu spät.“

Aufeinander hören ist immer wichtig

Als Solist gleichzeitig zu dirigieren funktioniere aber nicht bei einem großen Orchesterapparat wie er bei Brahms oder bei Rachmaninoff erforderlich ist. Da sitze z.B. die Flöte so weit entfernt, dass der Pianist sie verzögert hört. Da sei der Dirigent schon wichtig.

Zum Aspekt Aufeinander Hören: das lernen junge Musiker in der Kammermusikakademie Villa Musica. Fabian Müller betont, das sei auch im Orchester sehr wichtig und: „man sollte sich auch selbst zuhören, damit man nicht nur seine Fähigkeit des Klavierspielens einsetzt, sondern Musik macht“, schmunzelt Fabian Müller. Leider sei er zu spät als Stipendiat bei Villa Musica eingestiegen und habe nur wenige Ensemble-Projekte erlebt.

„Ich bekam dann schon meine Professur an der Hochschule für Musik und Tanz Köln und hatte keine Zeit mehr“.

Dafür wurde er aber von Prof. Hülshoff im „Klavierwinter 2022“ als Solist eingeladen und nun eben für das Karriere-Konzert, das die FREUNDE der Villa Musica präsentieren. Freundeskreismitglieder aus Bonn, aus Kaiserslautern, aus Mainz und aus Koblenz waren zu diesem Solo-Recital nach Trier gefahren und beklatschten Fabian Müller zusammen mit dem einheimischen Publikum im Kurfürstlichen Palais begeistert.


Und nach dem Konzert gabs einen entspannten Plausch, bevor Fabian Müller noch in der Nacht zu seiner Familie nach Hause nach Bonn-Endenich fuhr. Einige Freunde der Villa Musica übernachteten in Trier und ließen den überwältigenden Eindruck des Konzerts gemeinsam ausklingen.