Kammermusik ist die Würze

FREUNDE präsentieren Ehemalige in der Konzertreihe „Karriere I – IV“

Sie waren Stipendiaten der Villa Musica, danach haben sie eine Profi-Karriere gemacht: Oliver Triendl(41)-Klavier, Kerstin Grötsch(42)-Klarinette, Kai Frömbgen(34)-Oboe (v.l.) Sie sind Solist, Professorin, Stimmführer im Orchester. Und sie schwärmen nach wie vor für die Kammermusik. Sie sei die Würze im Musikerleben, sagen sie einhellig im Gespräch mit Barbara Harnischfeger.

Es war wie in alten Stipendiaten-Zeiten: Die inzwischen zu Meistern gewordenen Musiker hatten sich in Schloss Engers getroffen und dort an ihrem Konzertprogramm für die Villa Musica gefeilt; diesmal für eine Reihe, die „Freunde der Villa Musica“ in der Jubiläumssaison zum 25jährigen präsentieren: „Karrieren“. Das erste Konzert dieser Reihe fand am 27. November 2011 im Haus der Villa Musica in Mainz statt.

Bei der Villa Musica seien schon die Konzertorte inspirierend, sagen die erfolgreichen Musiker im Gesprächsteil des Konzertes nach der Pause. Oliver Triendl, der Pianist: „Anfangs hat man das gar nicht so geschätzt. Mir wird das erst in der Rückschau richtig bewusst“. Das Phantastische an der Villa Musica sei gewesen, dass sie in Ruhe und Konzentration musizieren konnte; mit Studenten, die auf demselben Niveau waren,  sagt Kerstin Grötsch, die Professorin an der Musikhochschule Düsseldorf. An der Hochschule sei es rein organisatorisch schwer, Studenten für ein Ensemblespiel zu organisieren. Aber das Aufeinander hören zu lernen sei so wichtig, auch fürs Spielen im Orchester, weiß sie als Soloklarinettistin der Neuen Philharmonie Westfalen. Und da stimmt ihr Kai Frömbgen, der Stimmführer Oboe bei den Bamberger Symphonikern, voll zu. (Ihn bezeichnet übrigens sein Dirigent, Jonathan Nott, als äußerst sensibel. Er sei  einfühlsam und höre auf andere , so sagte Nott, als Barbara Harnischfeger ihn kürzlich nach einem Konzert in Bamberg auf Kai Frömbgen ansprach.)

Oliver Triedl, der Pianist, bezeichnete sich im Gesprächskonzert bei den FREUNDEN der Villa Musica als „ Kammermusikant“. Er hat zwar mit  Orchestern gespielt und CDs aufgenommen. Aber alleine auf der Bühne zu sein und dann noch als Solist von Stadt zu Stadt alleine zu reisen, das gefalle ihm nicht. Es sei viel schöner, mit netten Kollegen zusammen zu spielen. Dafür habe er sich ein gutes Netzwerk aufgebaut. Ein Engagement ergebe das andere, er brauche keinen Agenten.

Interessant war auch, was die Musiker zu ihrem persönlichen Werdegang erzählten. Die Eltern von Kai Frömgen waren Kriminalpolizisten in Koblenz. Sie hätten ihn sehr gefördert, ohne ihn zu trietzen. Kerstin Grötsch ist in Frankfurt geboren, ihr Vater ist Chemiker und Jazzfan. Die Mutter spielt Orgel. Auch Kerstin Grötsch wurde gefördert, aber nicht zu Leistung getrieben, sagt sie. Die größte Verwunderung rief Oliver Triendl hervor als er humorvoll erzählte, wie er zwar schon mit 4 Jahren ans Klavier gegangen sei, es aber der Einschätzung des im bayrischen Heimatdorf ansässigen Zahnarztes bedurfte, um seine Begabung zu erkennen; „weil der Zahnarzt Blockflöte spielte, hielten ihn meine Eltern für kompetent“. Es habe lange gedauert bis man ihn, den klavierspielenden Jungen,  einem musikalischen Fachmann vorstellte und bis er selbst den Gedanken fasste, Pianist werden zu wollen – da sei er schon 14 gewesen, also kein Wunderkind mehr.

Auf die abschließende Frage der Freundeskreisvorsitzenden, was denn nun alle drei Musiker bei den Kursen und Konzerten in der Villa Musica-Zeit gelernt hätten, was in der Kammermusikakademie denn konkret vermittelt werde, sagte Kerstin Grötsch stellvertretend: Das besondere an Villa Musica sei, dass nicht in der Art eines Frontalunterrichts doziert werde. Es sei auch nicht so, dass da viel geredet und diskutiert werde, sondern es werde gespielt und ausprobiert. Die Gestaltung eines musikalischen Meisterwerkes forme sich dadurch, dass im Stipendiaten-Ensemble so großartige Dozenten (wie ihr Lehrer Ulf Rodenhäuser, die Red.) als erfahrene Instrumentalisten selbst mitwirken und praktisch Vorbild geben.

Jetzt sind sie selbst auf der Höhe ihres Könnens - Kerstin Grötsch, Kai Frömbgen und Oliver Triendl – und dass zwischen den ehemaligen Stipendiaten die Chemie im Ensemblespiel stimmt, bewiesen Sie im Trio zum Abschluss des Villa Musica-Konzertes, nachdem sie sich zuvor in Zweier-Formation präsentiert hatten, und Oliver Triendl zusätzlich als Solist.

 

Über das Konzert schreibt  Siegfried Kienzle von der Allgemeinen Zeitung:

Drei inzwischen arrivierte Stipendiaten der „Villa Musica“ bestritten mit Brahms, Saint-Saëns und Destenay den Abend in der „Villa Musica“. Eine Prachtleistung bot Kerstin Grötsch auf ihrer Klarinette in der Sonate für Klarinette und Klavier Es-Dur op.120/2 von Johannes Brahms, die man häufiger in der Fassung für Bratsche hört. Wunderbar sanglich im Ton, in feinster Legato-Phrasierung und auch in der dunklen Lage betörend wurde das Allegro amabile ausgesungen.


Die Mainzer Rhein-Zeitung:

Emotional sind Jörg Widmanns „Intermezzi“ für Klavier. ……. Oliver Triendl spielte diese oft düsteren, sehr effektvoll die ganze Klaviatur ausnutzenden kurzen und längeren romantisch verklärten Seelenmusiken in ihrer deutschen Erstaufführung mit großer Sorgfalt, aber mit noch größerer Emphase: Wenn das wirklich ein Spiegel der Seele des Komponisten ist, wie der Pianist andeutete, dann verheißt das wenig Gutes. Die Düsternis überwiegt hier stark, Licht und Trost sind nur in Andeutungen zu finden. Selbst ein „Wiegenlied“ endet dabei in Gewalt, Chaos und Umsturz, in wilden Eruptionen donnernder Klaviertöne.


Dazu wieder die AZ:

Da sind sanfte Basslinien durchzogen mit schneidenden Diskanttönen. Wie zersplitterndes Glas fahren sie in die Mittelstimmen. Wenn sich scheinbar ein Thema entwickelt, wird es von aggressiven Akkordschlägen und heftigen Eruptionen überrollt. Bravourös gestaltete Triendl die elegischen Ausgangspunkte und die heftigen Kraftakte, die in seiner Energie-Entladung zuweilen wie der Kampf des Pianisten gegen sein Instrument anmuteten.

Mit 85 Jahren ließ sich Camille Saint-Saëns vom Klang der Holzbläser inspirieren und schuf seine Sonaten für Oboe, Klarinette und Fagott. In seiner D-Dur-Sonate für Oboe und Klavier op.166 vermittelte der Oboist Kai Frömbgen im Mittelsatz den Klangreiz einer Schalmei und beeindruckte mit virtuoser Geläufigkeit im Schluss-Allegro.

Die Schreiberin dieses Artikels bekennt:

Sie hat sich in Kai Frömbgens Oboenklang verliebt; da war nichts von näselnder Penetranz, keine Schärfe, sondern ein in allen Lagen runder Ton mit einem ganz besonderen Timbre. Auf die Luftführung und auf den Resonanzraum, den der Spieler herstellt, komme es an, sagt Kai Frömgen nach dem Konzert als der Abend bei Gesprächen und Wein ausklingt. Es war wieder eine der Begegnungen mit Künstlern, die Konzerte des Freundeskreises zu einem besonderen Erlebnis machen.


Barbara Harnischfeger