Villa Musica ist das Modell

Erfolgreiche Musiker schwärmen im Interview vom System der Nachwuchsförderung

„Karrieren“ heißt das Konzertformat, das die Freunde und Förderer bereits seit 2011 ins Jahresprogramm der Villa Musica einbringen, seit Prof. Alexander Hülshoff der Künstlerische Leiter der Villa Musica ist. Ehemalige Stipendiaten, die Karriere gemacht haben, konzertieren und sie erzählen im Gespräch mit Barbara Harnischfeger, der Freundeskreisvorsitzenden und ehemaligen Radio- und Fernseh-Journalistin, aus ihrem Leben und über ihr musikalisches Wirken. Am 2. November 2019 waren es der Cellist Tomas Yamnik und der Pianist Ivo Kahanek aus Prag im Kulturhaus Oberwesel und am 3. November im Haus des Gastes in Bad Bergzabern das Oberon Trio aus Berlin/Wien/Rostock mit Henja Semmler, Violine, Antoaneta Emanuilova, Cello und Jonathan Aner, Klavier.

Jonathan Aner aus Israel, heute Professor an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin, war im Gegensatz zu seinen Kolleginnen Henja Semmler und Antoaneta Emaniulova nie Einzelstipendiat, sondern erst in der Ensemble-Förderung mit dem Oberon Trio bei der Villa Musica. Seitdem ist er vom System Villa Musica überzeugt. Selbstverständlich könne man viel bei einem frontalen Musikunterricht lernen, die Erfahrung sei jedoch eine ganz andere, wenn mit dem Dozent zusammen musiziert und konzertiert wird. „Parametern wie Klangfarbe, Agogik, Energie, Körpersprache und non-verbale Kommunikation sind dabei auf einer ganz anderen, hautnahen Ebene erlebbar“, sagt der Pianist. Davon inspiriert, praktiziert er ein ähnliches Konzept mit seiner Kammermusikklasse an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin. „Erfreulicherweise, so glaube ich, mit Erfolg“, so Jonathan Aner. An der Arbeit mit dem Oberon Trio schätzt er das gemeinsame Proben und unterwegs sein. Er liebe die Kammermusik.

Kleine Schwester in Prag

Auch Tomas Jamnik und Ivo Kanahek, die durchaus Auftritte als Solisten in vielen Teilen der Welt haben, preisen die Vorzüge des Aufgehoben seins im Ensemble. Solisten seien auf der Bühne im Rampenlicht glücklich, dann aber nach dem Konzert oftmals alleine und traurig. Ein Kammermusiker aber fühle sich von Kollegen und Kolleginnen getragen – sowohl musikalisch als auch menschlich.

Der Pianist IVO KAHANEK spielt auch mit den Berliner Philharmonikern. TOMAS YAMNIK ist d e r Cellist in der Musikstadt Prag, hat zudem Konzertauftritte bis nach Japan. 2006 kamen die beiden jungen Tschechen mit ihrem Klaviertrio zur Villa Musica, um an den Projekten der Stiftung teilzunehmen. Das war in der Zeit, in der sie an deutschen Hochschulen studierten. Tomas hat dann in Berlin promoviert.

Für seine Heimatstadt Prag, in der er jetzt wieder lebt, mit Frau und zwei Kindern,  hat sich Tomas Jamnik das Ausbildungskonzept der Villa Musica abgeguckt und selbst eine Kammermusikakademie gegründet, „das Schwesterchen von Villa Musica“, wie er sagt. Auch er lässt  junge Spitzenmusiker mit erfahrenen Vorbildern gemeinsam proben und auftreten. Von seiner Stipendiatenzeit bei Villa Musica erzählt er: „Als ich 2006 zum ersten Mal nach Engers kam, war das ein Schock: ein ganzes Schloss nur für die Musik – himmlisch“. Die drei Jahre bei Villa Musica seien seine besten gewesen. Nach und nach erlebte er: die Villa Musica gehört weltweit zu den wichtigsten Institutionen, die sich um Kammermusik kümmern. „Ich habe sie mir zum Vorbild genommen“. Hier ein Foto, das Tomas in facebook gepostet hat mit der Unterschrift: „Dieser Ort bedeutet mir viel. Schloss Engers, das zauberhafte Schloss am Rhein, wo ich Kammermusik lieben lernte“. Jetzt bin ich zurück und spiele mit Ivo Kahanek im Kulturhaus Oberwesel. Pure Freude."

Auf die Frage, wie ein Musiker Karriere macht und bekannt wird sagt Tomas Jamnik, man müsse etwas Besonderes machen, um unverwechselbar zu sein, bei den vielen guten Instrumentalisten, die es auf dem Markt gibt. Und: so schön es sei, mit dem Radiosinfonieorchester Prag Dvoraks Cello-Konzert zu spielen oder Dvorak und Martinu zusammen mit Ivo Kantahek im Kleinen Saal der Elbphilharmonie: mit der von ihm gegründeten „Tschechischen Kammermusikakademie“ nach Vorbild der Villa Musica habe er ein Alleinstellungsmerkmal. Und jedenfalls werde die Partnerschaft, die zwischen Mittelböhmen und Rheinland-Pfalz besteht, durch den Austausch von Musikern zwischen Prag und Engers mit Leben erfüllt.

Ivo Kanahak ist ein Pianist, über den Simon Rattle sagt: „Sein Spiel ist ehrlich und redlich. Er hat einen äußerst  romantischen Piano-Klang – warm und gesanglich. Es war wirklich eine Freude und eine Ehre mit ihm zu arbeiten. Er hat sich im Orchester sofort eine Menge Freunde gemacht.“ Solche Instrumentalisten haben als junge Menschen die Villa Musica durchlaufen. Als gereifte Künstler kommen sie nach Rheinland-Pfalz zurück. Und das Publikum erlebt musikalisches Weltklasse Niveau und höchstes Künstlertum auch in kleinen Orten wie Oberwesel.

Die Konzentration des Publikums spüren

Barbara Harnischfeger spricht mit den Künstlern auch darüber, wie sie den Kontakt mit ihrem Publikum erleben. Die Mitglieder des Oberon Trios sagen, dass sie in Bad Bergzabern vom ersten Ton an die Konzentration des Publikums gespürt haben. Das sei, bei allem Stolz darüber, in die Berliner Philharmonie etwa eingeladen zu werden oder in den Concertgebouw Amsterdam, das Schöne in einem kleinen Raum.

Die Begeisterung ist gegenseitig. Barbara Harnischfeger gibt dem Oberon Trio am Tag nach dem Konzert folgende Rückmeldung: „Ihr Konzert war etwas ganz Besonderes.
Ich höre viel und der Funke springt nicht immer über, auch wenn bei Villa Musica Qualität garantiert ist.
 SIE hatten am Sonntag in Bad Bergzabern sofort die volle Aufmerksamkeit des Publikums.
 Ihr Spiel war aber auch so subtil, so fein, ihrer aller Ausstrahlung so edel - man musste aufmerksam sein.
Das soll nicht heißen, dass Kraft fehlte, aber es war eben nicht grob, sondern transparent, sauber, perlend und einfühlsam - einer mit dem andern -
 einfach schön. Und abwechslungsreich im Ausdruck. Da kam keine Langeweile auf - trotz dreimal Beethoven.
 Ich war fasziniert und habe mich ganz der Musik hingegeben, was nicht selbstverständlich ist, wenn ich selbst eine Aufgabe in der Veranstaltung habe. Da kann ich gedanklich schon mal bei m e i n e r Sache sein und nicht auf die Musik hören. Das war gestern unmöglich.
 Sie sind ein tolles Team. Es klang manchmal wie aus e i n e r Tonquelle. Und dabei hatte jeder seine Möglichkeit, individuell zu glänzen.
 Mir kam es vor wie ein Gleichklang der Seelen dreier Menschen. Wunderbar. Danke.“